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Stellungnahme zum Doppelhaushalt 2025/26

ver.di-Landesfachbereichsfrauenvorstand B Hamburg, August 2024
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Öffentlicher Haushalt als Grafik
22.09.2024

Am 7. August 2024 gab das Statistikamt Nord bekannt, dass die Zahl der Einkommensmillionäre in Hamburg erneut gestiegen sei. Und das zum 8. Mal in Folge. 1.304 Steuerpflichtige erzielten 2023 Einkünfte von mindestens 1 Millionen Euro. Auf 10.000 Steuerpflichtige kommen in Hamburg 13 Einkommensmillionäre. Nirgendwo innerhalb Deutschlands ist die Quote höher.

Dagegen steht, dass jede 5. Person in Hamburg von Armut bedroht ist. In ihrer Presseerklärung vom 20.06.2024 erklärte die Finanzbehörde, dass im Doppelhaushalt Investitionen von fast 6 Mrd. Euro vorgesehen seien. Die Investitionen werdenschwerpunktmäßig verteilt auf die Bereiche

  • Bildung und Wissenschaft
  • Innere Sicherheit
  • Wohnungsbau
  • Mobilität und
  • Klimaschutz

Positiv zu bewerten ist, dass die verhandelten Tarifsteigerungen für die Beschäftigten und Zuwendungsempfänger*innen im öffentlichen Dienst vollständig abgebildet sind. Ebenso positiv zu bewerten ist der vorgesehene Personalaufbau bei Lehrer*innen, Polizei und Justiz.

Keine Berücksichtigung hat die Forderung nach einer Stadtstaatenzulage für die Kolleg*innen in der öffentlichen Daseinsvorsorge der FHH gefunden. Es steht zu befürchten, dass weitere Mitarbeiter*innen in die angrenzenden Bundesländer abwandern, weil die tariflichen Bedingungen dort besser sind. Das hätte einen weiteren Personalmangel zur Folge.

Personalsituation in der FHH

Der geplante Personalaufbau reicht bei weitem nicht aus. Gerade die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Kundenzentren, den sozialen Bereichen, in der Jugendhilfe, den Schulbüros und Bauämtern, schlicht in allen Publikumsbereichen sind personell schlecht ausgestattet. Die Belastung der Kolleg*innen ist enorm hoch.

Seit Jahren fehlt in diesen Bereichen Personal. Die Tendenz ist steigend, weil viele qualifizierte Kolleg*innen aufgrund unattraktiver Arbeitsbedingungen kündigen. Die dadurch entstehende Fluktuation sorgt für zusätzliche Belastung. Die qualifizierten Fachkräfte können dadurch nur bedingt angesprochen werden. Dazu kommt, dass die geburtenstarken Jahrgänge zunehmend die Altersgrenze erreichen und aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

In der Folge sind die Leistungen für die Bürger*innen der Stadt nicht immer von der Qualität, die sowohl die Bürger*innen erwarten könnten und die die Beschäftigten gern erbringen würden, wenn sie denn die erforderlichen Kapazitäten dafür hätten. Als Reaktion auf E-Mail-Anfragen erscheint bspw. in den Ausländerabteilungen ein Hinweis, dass die Bearbeitungszeit zwischen 2 und 4 Monaten betragen würde. Immerhin werden Mails täglich auf eine sog. Dringlichkeit hin gesichtet.

Wie sich Bürger*innen und die Beschäftigten fühlen müssen, ist nur noch zu erahnen!

Nicht nur im öffentlichen Dienst fehlt es an Personal

Insbesondere im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) werden eine hohe Anzahl an Bus- und U-Bahn-Fahrer*innen gesucht.

Ohne das dringend benötigte Personal kann die angekündigte Verkehrswende nicht gelingen.

Notleidende sind Menschen, die bewusst mit dem ÖPNV fahren, Pendler*innen, Menschen mit geringem Einkommen, Kinder und Ältere, die auf einen gut ausgebauten ÖPNV angewiesen sind.

Notleidende sind jedoch auch die Beschäftigten im ÖPNV, die im täglichen direkten Kontakt mit den Fahrgästen Frust und Unmut aushalten müssen, die regelmäßig auf Hamburgs Straßen im Stau stehen, Verspätungen aushalten und dabei selbst auf zwingend notwendige Pausen, gar auf Toilettengänge auf annehmbaren Örtlichkeiten, verzichten müssen.

Wohnungsmangel in Hamburg

Es fehlt weiterhin an bezahlbarem Wohnraum. Die angekündigte Neubauoffensive schwächelt, der sog. Drittelmix wurde nicht umgesetzt.

Mietkosten steigen weiterhin, so dass sich Viele das Wohnen in der Stadt nicht (mehr) leisten können.

Das betrifft auch viele Beschäftigte in den Bereichen, die die Stadt am Laufen halten. Ein etwaiger Anspruch auf Wohngeld ist wenig hilfreich, zumal auch in diesem Bereich über akuten Personalmangel geklagt wird und das Gehalt für die Mietkosten eigentlich reichen sollte.

Klimawandel und Stadt

Völlig unbeantwortet bleibt die Frage, wie sich der zunehmend bemerkbare Klimawandel auf die Stadt auswirkt.

Hierzu bedarf es kurzfristig Konzepte, wie Menschen in Hitzeperioden oder in Zeiten starker Regenfälle sicher in der Stadt leben können.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Vorkehrungen getroffen werden, um den Beschäftigten im öffentlichen Raum, also im ÖPNV, in der Straßensozialarbeit, im Straßenbau, in den Grünbereichen, bei Wegewarten, Feuerwehr und Polizei etc. klimagerechte Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

Zur Finanzierung der vielfältigen Aufgaben bedarf es eines anderen, gerechteren Steuerkonzepts.

  • Schluss mit Schlupflöchern für Reiche und Unternehmen!
  • Wiedereinführung einer Erbschafts- und Reichensteuer!
  • Anhebung der Spitzensteuersätze!

Wir fordern:

  • Bedarfsgerechte Personalausstattung, Ausfinanzierung von Stellen
  • Reduzierung des hohen Überstundenaufkommens
  • Wer für Hamburg arbeitet muss in Hamburg leben können.
  • Investitionen in Fortbildung
  • Mehr Berufsausbildung
  • Höhere Investitionen in einen guten ÖPNV für alle Bürger*innen
  • Bau von mehr Sozialwohnungen
  • Generationengerechte Teilhabe am öffentlichen Leben
  • Digitalisierung von Prozessen, aber auch ausreichend analoge Angebote.

August 2024
ver.di-Landesfachbereichsfrauenvorstand B Hamburg